Ökologische Nachhaltigkeit kommt beim Lausitzer Strukturwandel zu kurz



Teilen: 

07.10.2024 10:59

Ökologische Nachhaltigkeit kommt beim Lausitzer Strukturwandel zu kurz

10,3 Milliarden Euro Bundes- und mehrere hundert Millionen Euro Landesmittel fließen in den Strukturwandel in der brandenburgischen Lausitz. Bringen die geförderten Projekte die Region auf einen nachhaltigen Kurs? Eine Analyse von RIFS-Wissenschaftlern schürt daran Zweifel. Selbst Ziele, die in der Landesnachhaltigkeitsstrategie verankert sind, spielen derzeit in der Praxis kaum eine Rolle. Um das zu ändern, müssen die zuständigen Ministerien der Nachhaltigkeit mehr Gewicht einräumen und bei der Fördermittelvergabe an einem Strang ziehen.

Die Forscher untersuchten anhand von Dokumentenanalysen und Interviews mit Expertinnen und Experten aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft die Rolle von Nachhaltigkeitszielen bei der Gestaltung des Kohleausstiegs in der brandenburgischen Lausitz. Ihre Studie ist im „Journal of Environmental Policy & Planning“ erschienen. „Wir haben festgestellt, dass viele der Interviewten ein eher schwaches Nachhaltigkeitsverständnis haben, die Nachhaltigkeitsziele sind für sie also nicht handlungsleitend. Nichtsdestotrotz gibt es Projekte, die Nachhaltigkeitsaspekte adressieren, vor allem in den Bereichen Emissionsreduzierung, Klimaschutztechnologien, Bildungs- und Gesundheitsinfrastruktur. In anderen Bereichen, darunter Naturschutz, Wasser und nachhaltiger Konsum, finden sich dagegen kaum oder keine Projekte“, sagt Studienautor Konrad Gürtler. Der Schwerpunkt der geförderten Projekte liege stattdessen auf Wirtschaftswachstum und -diversifizierung und der Schaffung von Arbeitsplätzen.

Jedes Ministerium hat andere Prioritäten

Die UN-Nachhaltigkeitsziele und die Landesnachhaltigkeitsstrategie spielen beim Strukturwandel keine entscheidende Rolle: In Bundes- und Landesgesetzen wird Nachhaltigkeit nicht als Ziel, sondern nur als Kriterium für die Vergabe von Mitteln genannt. In den Experteninterviews wurde deutlich, dass Nachhaltigkeit in den Entscheidungsgremien kaum diskutiert wird. Dies betrifft auch den Werkstatt-Prozess, bei dem in fünf thematischen Bereichen und unter Mitwirkung von Interessensgruppen Projekte für den Strukturwandel auf Landesebene ausgewählt werden. Die politische Kohärenz, also das Zusammenspiel von Projekten, sowie die Beteiligung verschiedener Bevölkerungsgruppen, darunter auch der jungen Generation sind nicht hinreichend ausgeprägt, um einen tiefgreifenden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Strukturwandel zu gestalten. Ebenso mangelt es an einer systematischen Überwachung der Nachhaltigkeitsauswirkungen der Projekte sowie an der Möglichkeit, im Laufe der Zeit nachzusteuern.

Andererseits gibt es in Bereichen wie Technologie und erneuerbarer Infrastruktur deutliche Schritte in Richtung Wandel, ebenso wie vorsichtige Experimente mit demokratischen Innovationen. Die transformative Wirkung dieser Initiativen bleibt jedoch ungewiss. „Während der Umfang der Finanzhilfen für Kohleregionen darauf hindeutet, dass die Bundes- und Landesregierungen mehr als nur einen Technologieaustausch erreichen wollen, gibt es keine starken Signale für einen grundlegenden Wandel in Richtung Nachhaltigkeit. Dafür müssten die Bundes- und Landesregierung den regionalen Wandel stärker lenken“, sagt Ko-Autor David Löw-Beer. Derzeit setze jedes Ministerium andere Prioritäten, es gebe wenig Absprachen.

Mehr Überwachung und Beteiligung nötig

Für eine Verbesserung seien Überwachungs- und Bewertungssysteme sinnvoll, nicht zuletzt, um die Nachvollziehbarkeit und die Möglichkeiten zur Nachsteuerung zu erhöhen. Zudem könnten verbesserte Programme zur Beteiligung von Zivilgesellschaft, Bürgern und Bürgerinnen, und Kindern und Jugendlichen dazu beitragen, den Veränderungsprozess nachhaltiger zu gestalten. Gerade angesichts der außergewöhnlich hohen finanziellen Mittel für den Kohleaussieg sei wichtig, solche Hebelpunkte für eine umfassende Nachhaltigkeitstransformation zu identifizieren und anzuwenden. Die Lehren daraus könnten aus künftige Strukturwandelprozesse stärken.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Konrad Gürtler
konrad.guertler@rifs-potsdam.de


Originalpublikation:

Gürtler, K., & Löw Beer, D. (2024). What role for sustainability in post-fossil regional transition processes? Exploring governance conditions, actors, and transition projects in a German coal phase-out region. Journal of environmental policy and planning. https://doi.org/10.1080/1523908X.2024.2389837.


Bilder


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Energie, Gesellschaft, Politik, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW

Gefunden in: NEWZS.de

Frage/Kommentar zum Thema:

[mwai_chat id=“105″ context=“Unterhalten Sie sich, als wären Sie ein KI-Assistent. Seien Sie freundlich, kreativ.“ ai_name=“…“ user_name=“Frage/Kommentar:“ start_sentence=““ text_send=“Abschicken“ text_clear=“Altes löschen!“ text_input_placeholder=“Hier Frage/Kommentar eingeben.“ style=“none“ fullscreen=“true“ model=“text-curie-001″]