Neue Erkenntnisse für den Artenschutz: Schnelle Anpassung erfordert großen Genpool und Schutz auf Landschaftsebene



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14.07.2021 12:43

Neue Erkenntnisse für den Artenschutz: Schnelle Anpassung erfordert großen Genpool und Schutz auf Landschaftsebene

Wie schnell sich Pflanzen und Tiere von einer Generation zur nächsten an Umweltveränderungen anpassen können, hängt stark von der Größe ihres Genpools auf Landschaftsebene ab, haben Forschende der Universität Birmingham in Großbritannien, der Katholieke Universiteit Leuven (KU Leuven) in Belgien und des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) herausgefunden. Anhand von Wasserflöhen zeigten sie, dass eine Population mit einer hohen genetischen Variation sich schnell an Umweltveränderungen anpassen kann. Das verbessert beispielsweise die Überlebenschance gegenüber Fressfeinden, lässt sich aber auch auf andere Bedrohungen übertragen.

Tiere in freier Wildbahn sind ständig Gefahren und Herausforderungen ausgesetzt. Die Evolution ermöglicht es Lebewesen, sich an Umweltveränderungen anzupassen und diese Anpassung über die Gene an ihre Nachkommen weiterzugeben. Die Erforschung dieser evolutionären Anpassungen an Herausforderungen ist wichtig, vor allem angesichts des globalen Wandels. Die Erkenntnisse helfen, den Artenschutz zu optimieren.

Erkenntnis für den Artenschutz: Arten auf Landschafts- oder Regionalebene schützen:

„Unsere Studie unterstreicht, dass die genetische Variation innerhalb einer Population entscheidend für ihre Fähigkeit ist, sich an Umweltveränderungen anzupassen. Wichtig ist, dass wir zeigen konnten, dass die genetische Variation in einer Population nicht nur mit einer großen Anzahl von Individuen zusammenhängt, sondern auch mit der genetischen Variation, die in anderen Populationen in der Region vorhanden ist. Für den Artenschutz bedeutet dies, dass wir Arten auf Landschafts- oder Regionalebene schützen müssen“, sagt Studienleiter Professor Luc De Meester, Direktor des IGB und Forscher an der Freien Universität Berlin und der KU Leuven in Belgien.

Anpassung im Angesicht des Feindes:

Die Forschenden haben die Evolution einer Wasserflohpopulation mithilfe von Eiern* aus verschiedenen Zeiträumen über zwanzig Jahre rekonstruiert. Dafür nutzten sie molekularwissenschaftliche Methoden. Während dieser Zeit waren die Wasserflöhe in unterschiedlichem Maße von Fischen bedroht. Das Forschungsteam konnte zeigen, dass die an- und abschwellende Bedrohung durch die Fressfeinde – der Fraßdruck – eindeutig mit Veränderungen im Erbgut einherging. Die Evolution, die in ihren Genomen stattfand, wurde durch die ständige genetische Variation vermittelt – die Höhe der genetischen Vielfalt, die eine bestimmte natürliche Population beherbergt.

Dr. Anurag Chaturvedi von der School of Biosciences der Universität Birmingham und ehemaliger Doktorand an der KU Leuven erklärt: „Wir waren in der Lage, die genetische Vielfalt einer bestimmten Population von Wasserflöhen über fast zwei Jahrzehnte zu quantifizieren und deutlich zu zeigen, wie schnell die Evolution als Reaktion auf Umweltbelastungen stattfand. Diese Art der Forschung wird von unschätzbarem Wert sein, um die möglichen Auswirkungen zukünftiger Umweltveränderungen auf Tierpopulationen zu verstehen.“

„Wenn die genetische Variation hoch ist, kann die Evolution überraschend schnell sein. Wir müssen besser verstehen, wie die genetische Variation aufrechterhalten wird. Ein gesundes Netzwerk von ausreichend großen Populationen könnte ein Schlüsselfaktor sein“, fasst Luc De Meester zusammen.

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*Wasserfloheier als Genarchiv
Wasserflöhe (Daphnien) gehören zu den Krebstieren, sind aber ähnlich klein wie Insekten. Sie sind ein wichtiger Teil des Nahrungsnetzes in unseren Süßgewässern. Der Lebenszyklus von Daphnien umfasst ein ruhendes Stadium. Indem die ruhenden Stadien „aufgeweckt“ werden, können Forschende genetische Veränderungen zu verschiedenen Zeitpunkten in der Vergangenheit quantifizieren und die Evolution beobachten, wie sie in der Natur ablief.

Über das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB):
Die Arbeiten des IGB verbinden Grundlagen- mit Vorsorgeforschung als Basis für die nachhaltige Bewirtschaftung der Gewässer. Das IGB untersucht dabei die Struktur und Funktion von aquatischen Ökosystemen unter naturnahen Bedingungen und unter der Wirkung multipler Stressoren. Forschungsschwerpunkte sind unter anderem die Langzeitentwicklung von Seen, Flüssen und Feuchtgebieten bei sich rasch ändernden Umweltbedingungen, die Entwicklung gekoppelter ökologischer und sozioökonomischer Modelle, die Renaturierung von Ökosystemen und die Biodiversität aquatischer Lebensräume. https://www.igb-berlin.de

Medieninformationen im Überblick: https://www.igb-berlin.de/newsroom
Anmeldung für den IGB-Newsletter: https://www.igb-berlin.de/newsletter
IGB bei Twitter: https://twitter.com/LeibnizIGB


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Luc De Meester
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Luc.DeMeester(at)igb-berlin.de


Originalpublikation:

Chaturvedi, A., Zhou, J., Raeymaekers, J.A.M. et al. Extensive standing genetic variation from a small number of founders enables rapid adaptation in Daphnia. Nat Commun 12, 4306 (2021). https://doi.org/10.1038/s41467-021-24581-z


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Geowissenschaften, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW

Gefunden in: NEWZS.de

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